Referenzstrahlentherapie
Leitung
Uni.-Prof. Dr. med. Simone Marnitz-Schulze
Direktorin der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Uniklinikums Köln,Fachärztin für Strahlentherapie
Dr. med. Christian Baues
Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Uniklinikums Köln,Facharzt für Strahlentherapie
Entwicklung der Strahlentherapie des Hodgkin Lymphoms durch klinische Studien der GHSG
Die Strahlentherapie ist eine fest etablierte Methode in der Behandlung des Hodgkin Lymphoms. In den Anfängen wurde das Hodgkin Lymphom durch alleinige Bestrahlung therapiert. Im Rahmen der multimodalen Therapiekonzepte mit Einführung der Chemotherapie wurden progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben über die Jahre hinweg deutlich verbessert und es konnten gleichzeitig sowohl Bestrahlungsdosis als auch die Größe der Bestrahlungsfelder verkleinert werden. So wurde die ursprüngliche extended field Bestrahlung durch die involved field-Radiotherapie abgelöst. Hierdurch wurde eine Reduktion der akuten und späten Nebenwirkungen erreicht. In gleichem Maße geht die technische Weiterentwicklung mit neuen Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen einher. Die Schonung wichtiger Risikoorgane, insbesondere im Hinblick auf Langzeitnebenwirkungen und der Erhalt der Fertilität stehen daher heute im Fokus der Aufmerksamkeit. Techniken wie zum Beispiel intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) und volumetrisch modulierte Radiotherapie (VMAT) können hier durch eine Optimierung der Organschonung im mittleren und höheren Dosisbereich zu einer wesentlichen Verbesserung beigetragen.
Frühe Stadien
Die HD10-Studie der GHSG hat gezeigt, dass die Bestrahlungsdosis von 20Gy in der involved Field-Technik einer Dosis von 30Gy in den frühen günstigen Stadien nicht unterlegen ist. Die Kombination aus 2 Zyklen ABVD plus 20Gy IF-RT wird von den meisten Gruppen als internationaler Standard in diesem Kollektiv angesehen. In einem nnächsten Schritt wird die Notwendigkeit einer konsolidierenden Radiotherapie für PET-negative Befunde untersucht. In der im Januar 2016 vollständig rekrutierten HD16 Studie erhielten alle Patienten 2 Zyklen ABVD und anschließend ein FDG-PET/CT. Im Standardarm wurden alle Patienten mit 20Gy involved Field-Radiotherapie behandelt. Im Prüfarm wurden lediglich die Patienten mit PET-positivem Rest nach Chemotherapie bestrahlt und Patienten mit PET-negativem Befund nachbeobachtet. Die Ergebnisse dieser Studie stehen aus.
Intermediäre Stadien
Auch in der HD17 Studie (frühe ungünstige Stadien) wird die FDG-PET zur Therapiestratifizierung eingesetzt. Alle Patienten erhalten 2 Zyklen BEACOPPeskaliert gefolgt von 2 Zyklen ABVD. Anschließend wird ein FDG-PET/CT durchgeführt. Im Standardarm erhalten alle Patienten eine involved Field-Bestrahlung mit 30Gy und im experimentellen Arm werden nur Patienten mit PET-positivem Befund bestrahlt. Erstmals wird hier die involved node-Radiotherapie in der Behandlung für Patienten mit Hodgkin Lymphom in Deutschland eingesetzt. Ähnlich der HD16 Studie wird bei PET-negativem Befund nach Chemotherapie im Prüfarm auf die Radiotherapie verzichtet und die Patienten werden in der Nachsorge nachbeobachtet.
Fortgeschrittene Stadien
In der HD 12 Studie für fortgeschrittene Patienten konnte gezeigt werden, dass Patienten von einer konsolidierenden Bestrahlung der initialen Bulkregion und/oder Resttumorregionen mit 30Gy nach 8 x BEACOPP deutlich profitieren.
In der Folgestudie HD15 wurde erstmals nach Abschluss der BEACOPP-Chemotherapie ein FDG-PET zur Therapiestratifizierung eingesetzt. Das geminderte PFS von Patienten mit PET-positiven Restbefunden nach Chemotherapie konnte durch eine konsolidierende Radiotherapie mit 30Gy weitestgehend kompensiert werden und wird als etablierter Standard in GHSG-Studien betrachtet.
In der vollständig rekrutierten HD18-Studie erhielten die Patienten nach 2 Zyklen Chemotherapie ein FDG-PET/CT. Danach erfolgte eine Stratifizierung. Patienten mit einem positiven PET-Befund erhielten 4 weitere Chemotherapiezyklen und anschließend ein erneutes FDG-PET/CT. Bei einem PET-positiven Resttumor > 2,5 cm folgte eine lokale RT mit 30Gy. Patienten mit PET-negativem Befund erhielten je nach Randomisationsergebnis entweder 2 oder 4 weitere Zyklen BEACOPP und ebenfalls ein erneutes FDG-PET/CT, sofern residuelle Lymphome von > 2,5 cm vorlagen. Patienten mit positivem PET-Befund erhielten eine Nachbestrahlung, Patienten mit negativem Befund wurden anschließend lediglich nachbeobachtet.
Ausblick
Die Weiterentwicklung der systemischen Therapie und der Einzug der Immuntherapie (Anti-PD1/PD-L1; Checkpoint-Inhibition) wirft neue Fragen in Bezug auf die strahlentherapeutische Dosierung und Fraktionierung auf. Mögliche systemisch vermittelte Effekte durch Bestrahlung stellen uns vor die Aufgabe der systematischen Aufarbeitung der Fragestellungen, um für zukünftige simultane Therapiekonzepte sinnvolle zeitliche Abfolgen der Immuntherapie und der Bestrahlung zu etablieren. Ebenso ist die richtige Bestrahlungsdosis zu klären.
Die Referenzstrahlentherapie Köln arbeitet hierzu in einem engen Netzwerk mit klinischen und präklinischen Arbeitsgruppen am Standort Köln und zunehmend auch mit nationalen und interanationalen Kooperationspartnern zusammen. Hier ist insbesondere die enge Kooperation mit der ILROG (International Lymphoma Radiation Oncology Group) zu nennen.
Aufgaben der Referenzstrahlentherapie
Seit Beginn der vierten Studiengeneration der GHSG (HD10-12) befindet sich die Referenzstrahlentherapie in Köln. Die Aufgaben der Referenzstrahlentherapie bestehen vor allem in der wissenschaftlichen und prozeduralen Betreuung strahlentherapeutischer Aspekte der GHSG-Studien. Eine wesentliche Aufgabe stellt hierbei insbesondere auch die Beratung behandelnder Kolleginnen und Kollegen dar.
Zum einen werden für die Studien der frühen und intermediären Stadien Zweitbeurteilungen der Staging-Untersuchungen zusammen mit den Kollegen der Referenznuklearmedizin durchgeführt. Daran anschließend werden für jeden Patienten individuell prospektive Bestrahlungspläne anhand einer anatomischen Skizze erstellt. Außerdem erfolgen wöchentliche Paneltreffen mit den Fachdisziplinen der Nuklearmedizin, Radiologie und Onkologie zur Beurteilung der Restaging-Untersuchungen und der Bewertung der PET/CT nach erfolgter Chemotherapie. Hieraus leitet sich in den Studien HD 16 und HD 17, wie oben beschrieben, eine PET-adaptierte Bestrahlungsindikation im experimentellen Arm der Studien ab.
Zum anderen ist die Referenzstrahlentherapie an der Entwicklung der neuer Studienkonzepte sowie beim Erstellen neuer Studienprotokolle beteiligt und verantwortlich für die Weiterentwicklung der Bestrahlungsvorgaben und Definitionen. Ein weiterer Bereich der wissenschaftlichen Arbeit besteht in der Qualitätskontrolle erfolgter Bestrahlungsbehandlungen.
Kontakt
Uni.-Prof. Dr. med. Simone Marnitz-Schulze
Direktorin der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Uniklinikums Köln
Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie
Uniklinik Köln
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Mitarbeiter im Studiensekretariat:
Dr. Christian Baues (Studienarzt)
Dr. Johannes Rosenbrock (Studienarzt)
Cordula von Pusch (Studienassistentin)
Ayuk Ako (Studienassistentin)
Telefon: +49 221 478-5449
Telefax: +49 221 478-6158
E-Mail: referenzstrahlentherapie-hodgkin@uk-koeln.de
Radiotherapeutisches Experten-Panel
Prof Dr. H.T. Eich
Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universität Münster
Frau Prof. Dr. R. Engenhart-Cabillic
Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universität Marburg-Giessen
Prof. Dr. P. Lukas
Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universität Innsbruck
Frau Prof. Dr. med. Simone Marnitz-Schulze
Direktorin der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Uniklinikums Köln
Prof. Dr. H. Schmidberger
Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie der Universität Mainz
Prof. Dr. N. Willich
Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie-Radioonkologie der Universität Münster, Emeritus
Literatur
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